28.3.16

Frau Müller hat Langeweile, klickt komische Links an und telefoniert ein bissl rum.

Ich wollt ja mit ihm reden. Aus Neugierde. Und er redet und redet. Über sein individuell zugeschnittenes Erfolgscoaching. Macht mit leiser Stimme Andeutungen über die Geheimnisse der Multimillionäre und über seinen neusten Workshop. Nur für einen kleinen, feinen, ausgesuchten Kreis. Und natürlich spricht er über seine aktuellen Veröffentlichungen. Insiderwissen. Kannst du jetzt erwerben. Bei ihm. Eigenverlag. Direktversandt. Exklusiv. Mit Widmung. Für kleines Geld. 79 Euro. Mit Abo für die nächsten drei Mappen. Vorauskasse. Natürlich.

Meine Neugierde macht leise pppffft. Eine Frage hab ich aber noch:

„Wie hast du denn deine erste Million gemacht?“

Oh. Anscheinend hat der Akku seines Handys ausgerechnet jetzt seinen Geist aufgegeben. Und ich Dummerle habe beim Zuhören ganz unbedacht seine Kontaktdaten gelöscht. Tssst, ich glaub, ich brauch noch einen Kaffee. Jetzt.  

27.3.16

„Lachen tötet die Furcht. Und ohne Furcht kann es keinen Glauben mehr geben.
Wer keine Furcht vor dem Teufel hat, der braucht keinen Gott mehr…“
Umberto Eco, "Der Name der Rose"


Diese Worte gehen mir seit Tagen durch den Kopf. Das „Fürchte dich nicht!“ aus der Bibel hat schon als junge Frau meinen Widerstand heraus gefordert. Vor allem, wenn man es im Kontext liest: „Du sollst mein Knecht sein; denn ich erwähle dich, und verwerfe dich nicht, fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott; ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.“ (Jesaja 41, 9/10)

Boah, welch eine Anmaßung, drunter ging es wohl nicht. Alles in mir widerspricht dem:
Nein, ich bin niemandes Knecht, von niemandem erwählt und die Wesen an meiner Seite wähle ich mir selbst aus. Wenn es notwendig ist, dann entscheide ich, ob ich weiche oder standhalte. Stärkung finde ich in dem Lernen aus meinen Fehlern, in der Liebe zu mir und allen anderen Wesen und durch die mir voller Liebe geschenkten Freundschaften. Helfen kann ich mir selbst und wenn dies nicht möglich ist, dann kann ich um Hilfe bitten und diese auch annehmen. Deine Gerechtigkeit? Es gibt das Recht, dass wir Menschen uns mühsam durch Tod, Leid und Schmerz erarbeitet haben und um das wir Tag um Tag aufs Neue ringen. Du erhältst mich? Was erhält mich denn am Leben? Die Luft, die ich atme. Die Speisen und Getränke, die ich zu mir nehme. Mein Körper, wenn ich achtsam mit ihm umgehe. Meine Seele, wenn ich ihr erlaube in allen Gefühlen wertfrei zu baden.

Und dann gibt es natürlich noch mein Lachen. Dieses aus der Tiefe meines Lebens kommende Lachen, das jedwede von Menschen erschaffenen Ängste und Götter einfach hinweg fegen kann. Wann, wo und wenn ich es denn will. Meine Entscheidung und meine Verantwortung. Da ist kein Platz für ein wie immer auch geartetes "denn ich bin dein Gott". So gar kein Platz.

26.3.16

"Heute zum ersten Mal wirklich lange in der Sonne geruht. Es war ... saugut."

"Frau Müller, Sie reden um den heißen Brei."

"Ja gut, ich habe mir vorgestern die Zehen angeknallt und so getan als sei nix. Jetzt ist der Fuß dick geschwollen und vielfarbig. Wie kann man so blöd sein? Immerhin ist es für die Behandlung schlichtweg piepe egal ob ein Zeh gestaucht, geprellt, gebrochen ist. Es tut gleich weh und bekommt die gleiche Behandlung. Mach ich ja nun."

"Sie könnten auch einfach schneller zur Kenntnis nehmen, wenn etwas richtig weh tut."

"Leck mich!"

"Ach, sind wir jetzt per Du?"



Kennt ihr das, einfach eigene körperliche SchmerzSignale zu ignorieren? Ich kann es runter beten, warum, weshalb, wieso und überhaupt das bei meinem jeweiligen Gegenüber so ist. Mir selbst gegenüber bin ich betriebsblind. Aber sowas von. Nein, es nutzt nix, das theoretisch durch zu diskutieren und in den Griff bekommen zu wollen. Es kommt in meiner realen Welt schlichtweg nicht an. Jesses, da ist man klug und aufgeschlossen und tapst in Bezug auf sich selbst wie ein Blindfisch durch die Welt. Ich könnt kotzen *grummel


25.3.16

Das Bild geistert durchs Netz und fand mich. Ich habe keine Ahnung, von wem es ist und in welchem Zusammenhang es aufgenommen wurde.


Es berührt mich tief. Es steht für mich symbolisch für all die Kinder, denen gewaltsam eine liebevolle und zugewandte Fürsorge ihrer Erwachsenen genommen, verunmöglicht oder verweigert wurde und wird.

Und es steht auch für die tiefste und grundlegende Sehnsucht in jedem Menschen, in jedem von uns, nach bedingungsloser Liebe, Zugehörigkeit und Teilnahme.

Ein starkes Bild. Danke fürs Finden.  
Ich mag übrigens Kirchen. Nicht weil ich religiös bin, sondern weil dies Orte sind, an denen ich Geschichte atmen kann. Außerdem sind sie angenehm kühl an heißen Tagen. Deshalb nahm ich auch meine Kinder ab und an mit dorthin. Als meine kleine Tochter zum ersten Mal mit mir im Frankfurter Dom war, weinte sie ganz herzzerreißend vor dem ans Kreuz genagelten Menschen und wollte partout nicht verstehen, warum so etwas Schreckliches hier rum stehen tut. Der „arme, arme Mann“ schluchzte sie immer wieder. Ich habe es ihr und mir dann erspart ihr zu erklären, dass dieses Bildnis eines geschundenen Menschen auch noch von Millionen Menschen angebetet wird. Es hätte uns beide schlichtweg überfordert. 

20.3.16

Türkei Deal

„Wir werden einen hohen Preis in den kommenden Zeiten für all dieses Elend und diese Menschenverachtung bezahlen. Die Kinder, die das überleben, die werden nicht vergessen. Da wird eine ganz andere und viel wütendere Generation an gewaltbereiten Menschen heranwachsen.“

„Die die wütender und voll Gewalt aufgewachsen sind im Krieg und Elend die kommen gerade und sind schon da!! Null Respekt, null Demut und null Erziehung!!!“

"Man ging respektlos mit ihnen um, sah voll anmaßendem Stolz auf sie herab und lehrte sie im Dreck zu kriechen und sich vor den Herrschenden zu beugen. Was glaubst du, sollte daraus werden? Niedliche Wesen, die Blümchen verteilen und Hula Hoop tanzen zu unserer Ergötzung?"


Für mich ist es ein "Wir halten uns da raus und zahlen lieber dafür, dass ein anderer die Drecksarbeit macht." Es hat nichts mit Verantwortungsübernahme für die Fluchtursachen zu tun und schon gar nix mehr mit Asylrecht und allerüberhaupt nix mehr mit Achtung der Menschenwürde und den Menschenrechten. Es ist einfach nur das, was es ist und wie sie es benennen: Ein Deal, ein Geschäft. Ein kaltschnäuziges Geschäft, sonst nix.

18.3.16

Wir spielen ein Spiel:

"Ein syrischer Flüchtling reist mit dem Paddelboot von der Türkei nach Griechenland und stellt, falls er es überlebt, dort einen Asylantrag. Daraufhin wird er wieder in die Türkei verfrachtet, geht dort wohin auch immer, hält sich dort, mit welchem Status nun auch immer, auf. Für ihn darf jetzt ein anderer Flüchtling aus Syrien, der sich bisher als Asylsuchender wo auch immer in der Türkei aufgehalten hat, legal nach Europa, wohin auch immer,  einreisen."

Das hört sich an wie die etwas verschwubbelte Spielanleitung für ganz hartgesottene Spielefreaks. Ich hätte nach den einleitenden Sätzen den Karton schon wieder zu gemacht und mir ein anderes Spiel ausgesucht.

Aber gut, spielen wir das Spiel und du stellst dir jetzt vor, wie die reale Umsetzung dieser Prozedur auf dem etwas unübersichtlichen, ja um nicht zu sagen chaotischen, Spielfeld aussehen wird. 

Ach, du bekommst Knoten im Gehirn bei dem Versuch es zu visualisieren? Du sollst auch nicht! nach dem Sinn fragen, Dummerchen! Und nach Umsetzungsrealitäten, Logistik, reibungslosen Kommunikationsstrukturen zwischen den beteiligten Ländern auch nicht. Und auf gar keinen Fall, auf gar keinen! denk an die Flüchtlingskonvention oder gar an das individual! Recht auf Asyl. 

Du kannst es dir immer noch nicht so richtig vorstellen? Dann lass doch bitte noch alles, was du über Menschenrechte, die Würde des Menschen, über Nothilfe, medizinische Versorgung, körperliche und seelische Unversehrtheit und all dem Zeugs im Kopf hast.

Jesses, du bekommst kein Bild von der realen Umsetzung zustande? Dann, so leid es mir tut, muss ich davon ausgehen, dass du dich doch glatt von weinenden Kinderaugen hast beeindrucken lassen. Du bist raus aus dem Spiel, du Naivchen!

14.3.16

Landtagswahlen

Ich habe letzte Nacht zwei Dinge gemacht: Ich habe den Politikern bei ihrem Geblubber nach den Wahlen zugehört und ich habe mich virtuell in der ganz, ganz rechten Ecke rumgetrieben. Der Widerspruch zwischen diesen beiden Welten könnte nicht größer sein.

Die einen wiegeln ab und die anderen verstehen es als ein überdimensionales Signal, dass sie mit ihrem Weltbild nun eine Verankerung im "Volk" hätten. Beide haben allereigentlich nix verstanden, wobei ich beide auf ihre Weise für gefährlich halte.

Allerdings erschreckte mich die Aggression und Gewaltbereitschaft in der rechten Ecke mehr. Beides ist gestern quasi explodiert und die Wahlen wurden als Freibrief dafür interpretiert und der ausgekotzte Hass schaukelte sich hoch in einem "Wir sind das Volk und alle anderen nicht."

Da ging es auf einmal nicht mehr nur um "Flüchtlinge" in den Beiträgen, sondern da ging es voller Hass um alle, die irgendwie anders sind: Die roten Zecken; die vergenderten Akademiker; die Schlampen; die Besserverdienenden; die Homos; die Emanzen; die Gutmenschen; die Ausländer mit deutschem Pass; die Politiker überhaupt; die WählerInnen, die nicht rechts gewählt hatten; die Nachbarn, die einem immer schon ein Dorn im Auge waren; die Moslems eh, die Juden und die vom wahrem Glauben abgefallen Christen.

Diese Welle des überbordenden, gewaltbereiten blinden pathologischen Hasses gegen alle und jeden im Fahrwasser der AfD Wahlergebnisse ist das, mit dem die AfD bewusst spielt und das sie bei klarem Verstande hochreizt und weiter hochreizen wird. Und da kann sie sich noch so sehr verbal in Talkshows davon distanzieren. Sie wissen, was sie da tun. Sie sind eben nicht der naive Zauberlehrling.

Ja, seit gestern hat sich in meinem Land etwas grundlegend verändert. Und es hat gerade erst begonnen.

13.3.16

Vielleicht irre ich mich, aber was diese Wahlen für mich ganz klar zeigen: Wischiwaschigeblubber und Fähnchen im Wind entsprechend der tagesaktuellen Umfragen werden bundesweit immer unbeliebter und zwar quer durch alle etablierten Parteien. Gefragt scheint eher eine klar und verständlich kommunizierte Grundhaltung, die man durchhält, egal aus welcher Richtung der Wind gerade weht. Deutlich erkennbare, verlässliche Profile und Abgrenzungen wären mal wieder angesagt. Und Bürgernähe, ach verdammt, diese Bürgernähe. Ich blinzle da mal ganz auffällig nach Links.
Da geht im Moment ein Foto rum in den sozialen Netzwerken, auf dem ist ein kleiner, etwas molliger, mittelälterlicher Mann, mit Schirmmütze, Brille, leicht verkniffenem Mund, Parker und brauner Hose zu sehen. Er hält ein großes Plakat in der Hand, auf dem steht: „Finger weg von unseren Frauen!“ und das NPD Zeichen. Würde ich einfach überklicken, wenn, ja wenn da nicht all die beißenden Kommentare (bis eben 176) drunter wären, à la: „Dessen Frau will ich nicht einmal SEHEN!“, „Den Wurzelzwerg will eh Keine.“, „hat keine abbekommen & das wird hoffentlich so bleiben“, „Der kann das bestimmt nicht lesen“, „Es gibt Menschen die haben statt Geburtsurkunde nen Entschuldigungs Schreiben der Kondomfabrik“, „Er hätte wohl lieber drauf geschrieben: Ich will auch mal eine“, … und so weiter und so weiter … …

Ja, ich finde das Plakat absolut widerlich. Aus vielen Gründen.

Aber, aber … ich finde die abwertend übergriffigen Aussagen über die Person, die dieses Plakat trägt genauso widerlich. Und in meiner Welt ist es der gleiche Scheißtopf, aus dem sowohl das eine, als auch das andere kommt.

Denken musste ich beim Lesen der Kommentare an die geifernden "Schwanzabschneider" / "Hängt ihn auf!" Schreier, die kein Problem damit haben, ihre Kinder anschließend brüllend in die dunkle Ecke zu schicken oder auf dem Elternabenden die Meinung vertreten zu müssen glauben, dass ne Ohrfeige noch nie geschadet hätte. Da stimmt was nicht.

Versteht ihr, was ich meine?

12.3.16

Die Reduktion eines Menschen auf einen Status wie „Flüchtling“, „Arbeitsloser“, „Rentner“, „Akademiker“, u.v.m. halte ich für genauso anmaßend und dämlich, wie die alle über einen Kamm scherende Ab- und Aufwertung von Menschengruppen aufgrund eines ihnen allen gemeinsamen, oft willkürlich, zugeschriebenen Merkmals/Status.

Auf der einen Seite ist die Würde des Menschen, völlig unabhängig von irgendeinem Status, unantastbar und ein unveräußerliches Gut, und gleichzeitig ist jeder Mensch einzigartig und etwas ganz Besonderes in Bezug auf seine Erfahrungen und seine individuelle Lebensgeschichte. Diese beiden Seiten des Menschseins zu würdigen und zu beachten ist der Anspruch des Grundgesetzes, der Menschenrechte und unseres Rechtsverständnisses und der Rechtsprechung. Ich finde, das ist verdammt viel, was sich da entwickelt hat und weiter entwickeln könnte. Keinen Millimeter möchte ich davon ohne Gegenwehr aufs Spiel setzen. 

11.3.16

Wenn ich mit jungen Menschen über ihre Unlust zu wählen spreche, dann sagen mir die:

"Guck mal, du hast ein konkretes Problem. Dann suchst du gemeinsam mit Fachleuten nach einer Lösung. Habt ihr eine gefunden, dann suchst du nach Leuten, die die Lösung kompetent umsetzen können. Wenn das passiert ist, dann geht man wieder auseinander. Dann hast du ein anderes Problem und suchst dir wieder kompetente Leute. Das können ganz andere sein, als vorher, weil ja auch das Problem ganz andere Kompetenzen verlangt. Das ist vernünftig und lösungsorientiert. Was die ganzen Vereine, Institutionen, Organisationen und Parteien machen widerspricht dem total. Da geht es doch gar nicht um Kompetenzen in den jeweiligen Bereichen, sondern nur um Postenschacherei. Also wieso sollten man die dann wählen? Da ist keine Kompetenz in Problemerkennung, Lösungsfindung, Umsetzung, Überprüfung. Die können nur ein Geschäft, nämlich Politik. Das kann der oder die vielleicht sogar richtig gut. Das hat aber mit den benötigten Kompetenzen für Fachfragen doch gar nichts zu tun. "

Ich kann das verstehen.

Das Witzige daran ist ja, dass es in den vielen Projekten, in denen ich als Teamchefin gearbeitet habe, genauso lief. Und wenn ich Bekannten zuhöre, läuft dies doch in der freien Wirtschaft mittlerweile in den modernen Unternehmen  genauso. Kann bitte mal jemand ein Modell entwickeln, wie sich das auf die Politik in einer Demokratie übertragen ließe?

Als ersten Schritt wären zum Beispiel gut durchdachte Anforderungsprofile für die jeweiligen politischen Posten eine Möglichkeit, oder?  (flüstern: da würden aber ne Menge der jetzt gewählten Kommunalpolitiker bei uns in Hessen ruckzuck wieder rausfliegen)

Und dann stellt sich die Frage: Könnte man die Leute, die in die Politik wollen nicht vorher unterrichten? Immerhin ist es ja quasi ein Beruf mit ziemlich guter Vergütung.

So als Gedankenspiel: Es gäbe so etwas wie Politikerhochschulen. Wer da raus kommt, stellt sich zur Wahl. Keine Parteien mehr. Ich würde die Person wählen, die mir gegenüber auch eine Rechenschaftspflicht hätte und nicht mehr eine Partei, wo dann irgendwelche Personen aus was weiß ich für Gründen auf diesem und jenem Listenplatz stehen. ... ... ... Unausgegoren, ich weiß. Aber müssten wir nicht anfangen, mal querzudenken. Zumindest zu denken. Mit möglichen Modellen spielerisch ausprobieren, was wie ganz anders gehen könnte, ohne dass wir uns von dem demokratischen Grundgedanken verabschieden?
Wir können die Vertriebenen nicht aufnehmen. Zu hohe Kosten. Aber wir können der Türkei und Griechenland Milliarden geben, damit sie sie festhalten? Das erkläre mal jemanden, der da unten gerade im Schlamm an irgendeiner geschlossenen Grenze sitzt. Ich sitz gerade im warmen Zimmer, bei einem heißen Kaffee. Und ich kapiere es nicht. 

10.3.16

Auszug aus einem Privatchat in Facebook:

Sie: „Du weißt schon, dass du Leute auf deiner Freundesliste hast, die wiederrum mit Leuten befreundet sind, die eindeutig rechts stehen? Z.B. xxy, yxx, xyx… und… . Du solltest deine Freundesliste mal aufräumen!“

Ich: „Oh. Danke. Wenn du einen Moment Zeit hast, dann komm mal runter von deinem hohen Ross und setz dich zu mir. Du weißt schon, dass wir hier bei Facebook sind und dass die „Freunde“ hier in den öffentlichen Freundeslisten nichts, aber auch gar nix mit realen Freundschaften zu tun haben müssen? Sie können, aber sie müssen nicht. Gut! Dann zu den „Freunden“ in meiner „Freundes“Liste, die du da gerade anschwärzt: Da sind einige drunter, die klicken bei einigen aus der rechten Szene „Freunde“ an, weil sie da mitlesen und dagegen kommentieren wollen. Dann gibt es einige, die tun das, weil sie neugierig sind und nicht jedes Mal eine Namensliste zum Mitlesen im Suchfeld eingeben wollen. Bei ihnen allen achte ich darauf, wie bei jeder neuen „Freundschafts“anfrage, was sie in ihrer eigenen Timeline so posten. Ist das rassistisch, dann fliegen sie bzw. nehme ich sie nicht an. Und dann gibt es einige, die finden manches, was da steht recht gut und verführerisch. Von den letzteren kenne ich die meisten aus anderen Zusammenhängen persönlich. Solange sie in meiner Timeline nicht ausfällig oder mir gegenüber persönlich respektlos werden, kann ich gut damit leben, dass sie bei mir mitlesen und manchmal auch kommentieren und sich auf Diskussionen einlassen. Also nein, ich sehe zurzeit keinen Grund meine öffentliche „Freundesliste“ aufzuräumen. So, du kannst nun wieder dein hohes Ross besteigen und weiter reiten.“

Sie:“Aber!“

Ich: „Nix aber. Ach, und ich vergaß zu erwähnen, dass ich schon so lange ich denken kann, Petzen nicht mag. So gar nicht. In der Regel petzt der Mensch um sich selbst zu erhöhen oder mehr Leckerlis zu bekommen als andere. Mag ich nicht.“

Stille.    

8.3.16

Was ich nicht kapiere: Fast alle Parteien und politischen Organisationen blicken auf die 10plusminus Prozent der Rechten und drängeln sich in der hektischen Anpassung ihrer politischen Konzepte (oder dem, was sie dafür halten) um dieses Wählerklientel. Was ist mit den 80plusminus Prozent? Würde es nicht mehr Sinn ergeben, sich um diese Leute einen Kopp zu machen? Oder, z.B. wie in Hessen, gar um die 50plusminus Prozent NichtwählerInnen? Ich halte dieses Anpassungs- und Hofierungsgehabe nach rechts schlichtweg für dämlich.

Überhaupt fließen in diese Richtung viel zu oft, viel zu viele unnötige Aufmerksamkeiten. An manchen Tagen habe ich beim Durchstöbern der Medien den Eindruck, AfD und Konsorten hätten schon die Mehrheit in meinem Land. Überall knallt mir jeder Pups und jedes Rülpsen von denen um die Ohren, so als hätten diese Luftnummern tatsächlich die Wichtigkeit, die sie sich selbst in ihren durchgeknallten Köppen so gerne andichten möchten. Aber, das sage ich ja schon seit Beginn dieser ganzen rechten und besorgten BürgerInnenbewegung: Ihr füttert die, wie unerfahrene Chatter, die unsäglichen Trolle.

Sollte man sie ignorieren? Nein, natürlich nicht! Klare, knappe Erwiderungen auf ihre inhaltlich leeren Fürze. Immer wieder. Klare Statements gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Immer wieder. Doch dann bitte auch und schnell Ansagen und Konzepte für die konkreten Dinge, die die Menschen im Lande Tag für Tag umtreiben. Flucht und Migration ist doch nur ein Teil davon, und real für die meisten, wenn ich mir die konkreten Zahlen der Zugereisten in vielen Gebieten mal genau anschaue, in ihrem realen Alltag nur ein marginaler. Da brennen der Mehrheit doch ganz andere Sachen auf den Nägeln. Und da, wenn es konkret wird, da haben die Rechten ja nun wirklich nix, aber so gar nix an Ideen oder Konzepten, mit denen die meisten Menschen was anfangen könnten oder die gar realistische und zukunftsweisende Lösungswege aufzeigen würden, anzubieten. Auf diesen Feldern sind sie wirklich zahnlos. Schaut sie euch doch an, da wo sie in irgendwelchen Parlamenten rum sitzen. Da ist nur Luft und Lächerlichkeit, sonst nichts.

Oder haben etwa die etablierten Parteien und Organisationen da den Menschen auch nix mehr zu bieten und reiten deshalb dieses Pferd von Flucht und Asyl bis in den Tod? Das wäre dann wirklich beängstigend. Und wo sind die konkreten, realpolitischen Alternativen? Darüber sollten wir uns einen Kopp machen und es allgemeinverständlich kommunizieren. Jetzt. Dann hören uns die Menschen nämlich auch zu. Die, die nicht zu den 10+/-% gehören, sich aber auch nicht mehr gehört fühlen.

3.3.16

Mich ärgert die von Gabriel (und einigen anderen) wieder eingebrachte Trennung zwischen „einheimischen“ Einkommensschwachen und zugereisten Hilfsbedürftigen. So verläuft die Trennlinie nämlich nicht. Das ist eine imaginäre Aufteilung und hat in meinen Augen nur den Sinn, vom eigentlich Getrennten abzulenken. Die Linie verläuft doch zwischen denen mit horrenden Einkommen auf Kosten derer mit geringem Einkommen.

Daran ändern jetzt auch die Zugereisten nichts.

Im Gegenteil. Sie machen vielleicht nur ein wenig sichtbarer, wo es vorher schon mangelte und wo auf Kosten von der Lebensqualität von Menschen gespart, gestrichen, rumgesetzwerkelt wurde: Hartz IV mit all seinen menschenverachtenden Rattenschwänzen; Wohnungsnot; kaputt reformiertes Gesundheitssystem; marodes Schulsystem; zu wenig Erzieher, Lehrer, außerhäusliche Betreuung; Altersarmut, Sozialabbau insgesamt, und, und, und … .
Zugereiste initiieren oder verschlimmern da nix, weil es vorher schon schlimm und erbärmlich genug war.

Abgelenkt werden soll mit diesem Auseinanderdividieren vor allem von der berechtigten Forderung aller! hier lebenden Menschen auf ein menschenwürdiges Leben. Dazu gehören: Einkommensmöglichkeiten, die Grundbedürfnisse und Teilnahme ohne Abstriche zu befriedigen erlauben; angemessener Wohnraum, gleiche Gesundheitsversorgung für alle unabhängig vom Einkommen; dem aktuellen Wissenstand entsprechend ausgestattete Bildungseinrichtungen und freier Zugang dazu und vieles mehr.

Fallt doch nicht auf diesen Käse herein und kapier endlich: Der, der da neben dir an der Tafel ansteht für ein bissl Brot, Obst und Gemüse ist dir, egal wo er herkommt, so viel näher als der, der dir jetzt was von „wir müssten mal, wir könnten mal, wir sollten mal“ ins Ohr säuselt.