29.1.17

Was habe ich heute gemacht? Ich habe mich durch die Menschenrechte, die Amerikanische Verfassung, die Charta der Grundrechte der EU und diverse Genfer Konventionen gelesen. Grundgesetz habe ich ja in den wesentlichen Teilen im Kopf. Persönlichkeitsrechte standen dabei im Fokus meiner Aufmerksamkeit.

Welches Potential da vorhanden ist, welche Schritte Menschen schon unternommen haben um zur Formulierung solcher Texte zu gelangen. Das Lesen derselben ist Balsam für die Seele in diesen Tagen.

Könnten wir uns doch nur auf die grundlegenden Persönlichkeitsrechte in Mehrheit einigen und uns als Menschheit und als einzelnes Individuum daran halten, dann wäre so viel gewonnen.

Sie können auch für jeden einzelnen Menschen Richtschnur sein zur Überprüfung von Worten und Taten der Politiker, zur Verankerung der eigenen Haltung in diesem Informations- und Debattenchaos und auch als Maßstab beim Lesen von Parteiprogrammen dienen.

Lest diese Texte endlich wieder! Alle!

27.1.17

Ich begebe mich als Therapeutin oft in mir ganz fremde Welten. Ich versuche dann so zu denken, wie der Eigentümer dieser Welt. Ich will ihn verstehen.

Nun, also in dieser einen, bestimmten Welt, will man nicht, dass immer mehr Menschen auf Grund von Not und Elend zu uns kommen. Sie kommen, auch in dieser Welt unbestritten, weil es nicht genug Essen, Trinken, Arbeit für sie gibt.

Ein Argument in dieser Welt ist: "Die sind doch selbst dran schuld! Die vermehren sich doch wie die Karnickel!"

In dieser mir fremden Welt denkend, frage ich mich dann: Warum spricht man sich dann gegen die Verhütung (Kirche) aus oder warum fördert man dann nicht mehr die Abtreibung (USA)?

Bist du ein Weltenwechsler, so wie es dir gerade in den Kram passt?

Wenn ja, dann macht es mein Verständnis für dich sehr schwierig oder gar unmöglich. Ich kann dir dann nicht mehr folgen.
„Meine Rente wird zum Leben nicht reichen.“

„Ach. Und wer ist schuld?“

„Na ja, die…“

„Stopp! Die Flüchtlinge werden nicht aus der Rentenkasse bezahlt.“

„Ach?“

"Ja."

„Und nun?“

"Wie und nun?"

„Das ist doch saublöd jetzt.“
Ich bin ja nicht gut in Mathe, aber diese Textaufgabe kann sogar ich lösen. Du auch? ->

Ich will eine Mauer bauen.
Das Obst für meine Wähler*innen kommt aus dem Land hinter der Mauer.
Ich verlange von denen nun 20% Zoll auf ihr Obst.
Damit bezahle ich die Mauer.
Meine Wähler*innen freuen sich und haben mich lieb.
Das Obst wird nun natürlich um 20% teurer.
Das müssen die Wähler*innen bezahlen, wenn sie das Obst kaufen..

Frage: Wer bezahlt die Mauer?

Na?

Eben.
Von der Tendenz her kenne ich das auch. Nicht nur von der Uni. Damals, als Arbeiterkind, in diesen hehren Hallen bin ich aber auf die Show nie reingefallen. Im Gegenteil. Ich hatte als Schülerin eine Kaderschulung beim KBW (und egal, wie man zu diesem Verein stand oder steht, die Schulungen waren Klasse) absolviert. Deshalb kam mir das ganze bornierte Gelabber, der, damals noch vor allem männlichen, linken Hautevolee ein bissl lächerlich vor.

Ich hatte von meinem Opa, dem alten Gewerkschaftler, gelernt, dass es meine Aufgabe sei, mir Wissen, Wissen, Wissen anzueignen, um es dann an die weiter zu geben, die nicht das Glück hätten, es sich aneignen zu dürfen. Es blieb mir bis heute wichtig.

Wissen in allgemeinverständliche Sprache und in Geschichten zu transformieren, so dass es jeder Mensch verstehen kann - boah durfte ich mir da einiges anhören. Von "Wir sind keine Sozialarbeiter!" bis "Du schreibst dann doch Kalendergeschichten!" reichte die Palette der arroganten Vorwürfe. Geht bis heute so. Hat mich aber nicht überzeugt. 

Ich bin heute mehr denn je der Meinung, dass es fundamental wichtig ist, ein rundum fundiertes Allgemeinwissen zu haben, und dass lebenslanges Lernen absolut notwendig ist. Und ja, ich gehe auch immer noch  davon aus, dass man Wissenschaftssprache auch in allgemeinverständliche Wortreihungen umwandeln kann. Anstatt mit Gleichgesinnten sich immer um die eigenen Theorien selbst beweihräuchernd zu drehen, wäre es an der Zeit, diese Theorien an der Alltagstauglichkeit für diejenigen, die diesen Alltag leben, zu überprüfen und zu kalibrieren. Dafür müsste man sich denen aber erstmal verständlich machen und in ihrer Sprache reden lernen. Zeit dafür wär es endlich. Eine Win-Win-Situation für alle Seiten.

Die Tendenz jedoch, den einen gegen den anderen auszuspielen, die mag ich nicht. So ganz und gar nicht.

Lesenswerter Artikel, wenn man den Kopf beim Lesen eingeschaltet lässt ->

26.1.17

Da machen sich manche Leute einen Kopf drum, was für geheimnisvolle, hoch komplizierte und durchdachte Pläne, langfristige Strategien, Verschwörungen, reflektierte Konzepte gegen/für das Volk, etc. sich Politiker hinter geschlossenen Türen ausdenken, austüfteln und nachhängen. Und dann stellst du irgendwann in deinem Leben fest: Ist nix damit.* Die sind genauso strunz doof oder alltagsklug wie Hinz und Kunz, denken nur von hier bis morgen und vor allem an ihre eigenen, individuellen Problemchen (Gehalt, Nebenjob, Geliebte (r), Wahlkrampf, Inkontinenz, nächtliche Wadenkrämpfe, Mobbing) und Sicherung ihrer Pfründe. Du erkennst: Die gehen kacken genau wie du. Und dir wird ganz komisch zumute. Du bist in der Realität angekommen. Was ein Mist.

*Ausnahmen bestätigen die Regel. Die spielen ihre Spiele dann aber meistens in einer anderen (Einkommens) Klasse als die Politiker.

25.1.17

Bäh! Wie ich das hasse. Fühlst du dich jetzt besser, erhabener, weil du mal so richtig drauf dreschen konntest? Herr Schulz hat die Schule abgebrochen, ist trockener Alkoholiker‎ und vielleicht isst er auch noch das Falsche? Na und? Immerhin hat er die Kurve bekommen, hatte schöne Jobs, erscheint mir nicht depressiv und kriminell gewalttätig ist er wohl auch nicht. Soweit ich weiß, hat er auch keine Spendengeldkoffer durch die Gegend getragen oder akademische Titel ergaunert. Ein schönes Vorbild für all diejenigen, die gebrochene Biografien haben und sich mit neuem Mut immer wieder selbst auf die Beine stellen.

Nein, ich bin keine SPD Anhängerin und werde mich auch mit ihm politisch fetzen, aber diese widerlich anmaßende und scheinheilige Kritik an der gesamten Person lehne ich ab.

23.1.17

„Die AfD entscheidet sich gegen Ausschluss von Höcke.“

„Alternative fact: AfD verhindert selbstlos die Rückkehr Höckes in den Schuldienst.“ 

20.1.17

Gilt auch immer noch:

„Was hat sich konkret an Ihrer persönlichen Lebensqualität durch die Zunahme der Flüchtlings- und Migrationszahlen geändert, Frau Müller?“

„Was hat sich für mich verändert? Real konkret erstmal nix, außer dass meine Tochter öfters als sonst gefragt wird, aus welchem Land sie denn geflohen sei.

Rassismus? Ja, gab und gibt es, solange ich denken kann um mich drum herum. Hat mir nie Angst gemacht, sondern mich höchstens wütend. Genauso wie die Realpolitik weltweit. Für mich eine Systemfrage, daran hat sich nichts verändert. Warum auch? Gewalt auf den Straßen? Ich frag mich seit Jahren erstaunt ob all dem Elend und der Ungerechtigkeiten, warum unsere Städte nicht brennen.

Aufgefallen ist mir, dass eben nicht nur die Braunen und "Besorgten" lauter werden, sondern auch die Besonnen und bisher eher stillen, hilfsbereiten und offenen Menschen. Das geht oft unter in diesen Tagen. Fürchte ich um mein Land? Nicht mehr und nicht weniger als in den Jahrzehnten vorher.

Schaue ich auf die letzten sechzig Jahre zurück, so ganz persönlich, dann kann ich nur feststellen, dass Dummheit, Vorurteile, Diskriminierung und auch Rassismus schon immer ein Teil meines Lebens waren, mit dem ich mich auseinandersetzen musste. Heute ist er lauter, bekommt mehr öffentlichen Raum. Das macht es widerlicher, aber für mich als Person auch einfacher: Mein Gegenüber sagt mir nun ins Gesicht, welche Gesinnung es in sich trägt und schlägt nicht hinterfotzig verbissen hinten rum um sich rum und auf mich drauf.

Die vielen Menschen aus so unterschiedlichen Ländern? Da ich Jahrzehnte in der Flüchtlingsarbeit tätig war, kommt mir das alles nicht fremd vor. Zu meinem Umfeld gehörten und gehören ganz selbstverständlich Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen. War und ist eine Bereicherung.

Ja, ich weiß deshalb um die Problematiken der Integration, auch um das Gewaltpotential und Widerständigkeiten auf allen Seiten. Ich weiß aber auch: Einfache, eingleisige Lösungen waren und sind für die Katz und allerhöchstens Propagandamittel. Akzeptanz – ein Lernfeld für alle Beteiligten.

Nebeneffekt durch die höhere Zahl der Neuankommenden: Das was bisher schon Scheiße war in meinem Land, wird nun deutlicher sichtbar. Dafür können die Ankommenden nix, das sind unsere liegen gebliebenen Aufgaben. Die könnten wir jetzt endlich gemeinsam angehen.

Besorgnisse? Ja, die kann ich gut verstehen. Umbrüche und Veränderungen bringen das mit sich. Im Großen und im Kleinen. Eines der besten Werkzeuge dafür: Raus aus dem passiven Hinnehmen und aktiv an der Gestaltung einer menschenwürdigen, die Menschenrechte achtenden Gesellschaft für alle mitwirken. Alles was wir dafür brauchen, ist schon da. Im Großen, wie im Kleinen.

Hoffnungslos macht mich das alles nicht. So gar nicht.“

16.1.17

Weil es mir in meinen Freundeslisten immer öfter auffällt, dass sich da mir sehr lieb gewordene Menschen über die furchtbaren und schrecklichen Entwicklungen der Menschen in der letzten Zeit grämen und ab und an ganz hoffnungslos zu werden scheinen, erlaube ich mir diesen Beitrag von mir hier auch nochmal einzustellen ->

Ja, ich sehe die Schrecknisse. Jedoch sehe ich hier auch einen Denkfehler, wenn man meint, das sei alles so neu: Es ist heute eben nicht schlimmer als es früher schon war.

In meinem Leben gab es die Aufarbeitung der Zeit 33 bis 45, die Gräuel im Gulag, Biafra, Ruanda, Griechenland, Chile, Kosovo … die medizinischen Versuche an Heimkindern, der RAF Terror und seine Folgen, Gewalt gegen Frauen und Kinder, das Elend der Vertriebenen, die Brutalität in den sogenannten heilen Familien, hinter Kirchentüren und in Jugendeinrichtungen, die Folterzentren rund um den Globus, die Kriege überall auf der Welt, und, und, und ... ...

Nein, der Mensch war schon immer auch ein elendiges Mistvieh von unvorstellbarer Grausamkeit.

Wir bekommen heute nur mehr mit davon. Können hören und sehen und lesen. Das macht diesen Eindruck, es sei alles so viel schlimmer. Und natürlich die Propaganda jedweder Couleur, die unsere hochgezüchtete Angst braucht, um sich an ihr zu nähren.

Nein, es ist nicht schlimmer, nur sind sich heute viel mehr Menschen darüber bewusst, dass daran und auch daran überhaupt etwas Schlimmes sein könnte. Und genau das, dieses wachsende Gefühl für Unrecht überall auf der Welt, macht mir Hoffnung.

*Anmerkung 1
Würde ausschließlich oder doch überwiegend in allen Medien laufend über all das Gute und Positive hier im Land und auf der Welt berichtet werden, dann sehe unser aktuelles Welt- und Menschenbild ganz anders aus. Denn, obwohl der Mensch dem Menschen ein grausamer Schlächter ist, gab und gibt es die andere Seite eben auch. Immer. Überall. Auch, gerade, trotz all der Grausamkeiten und unvorstellbaren Szenarien reicht der Mensch voller Freundlichkeit, voller Engagement, voller Liebe und Mitgefühl auch immer seine Hand dem anderen Menschen. Überall auf der Welt.

*Anmerkung 2
Wer könnte denn ein Interesse daran haben, dass wir gerade jetzt immer nur das Negative sehen, hören, lesen, erfahren sollten? Warum sind wir mittlerweile - und damit schließe ich mich ein - schon so geeicht darauf, nur noch die Schrecknisse zu sehen. Wer profitiert unterm Strich davon? 

Gilt immer noch.

„In welchem Land würden Sie gerne leben, Frau Müller?“

„In diesem Land. Ich bin froh und dankbar, dass ich hier geboren wurde, aufgewachsen bin und immer noch lebe. Hier gab es in meiner Lebenszeit weder Krieg, noch Hungersnöte. Es gab keine Diktatur, keine Ermächtigung, keine lebensbedrohlichen Militäraktionen. Ich konnte zur Schule gehen, studieren, mich einbringen mit bürgerlichem Engagement. Ich musste nicht um mein Leben oder das Leben der Meinigen fürchten. Wenn ich mich gegen den Mainstream wandte, konnte ich dies offen und ohne einen nachhaltigen körperlichen Schaden zu nehmen tun. Ich konnte Form und Ausgestaltung meines Lebens eigenverantwortlich wählen.“

„Das ist aber sehr blauäugig, Frau Müller! In Ihrer Lebenszeit gab es die Zeit des Berufsverbotes, die Folgen von Hartz IV, Aufrüstung, Not und Elend der Arbeitslosigkeit, Diskriminierungen jedweder Art. und, und, und … unsere Demokratie, unsere Geschichte der letzten Jahrzehnte strotzen nicht gerade nur von Erfolgsgeschichten, sondern haben auch ihre dunkle Seiten und Schattenwelten.“

„Das bestreite ich nicht. In keiner Weise. Aber ich konnte und kann mich einbringen. Kann mich laut und öffentlich dagegen wehren. Kann mich engagieren und kämpfen. Kann wählen, ob ich hinnehme oder nicht. Das mag für viele Menschen, weil es so selbstverständlich ist, nichts Besonderes sein. Für mich war und ist es etwas Besonderes, weil es das eben nicht überall auf der Welt gab und gibt. Rückblickend kann ich doch sehen, was sich im Laufe von fast sechzig Jahren geändert hat. Und vieles davon ist gut. Es könnte noch besser sein, manches ist erschreckend schrecklich, aber es ist eben auch vieles gut.“

„Doch jetzt scheint sich einiges, auch hier, zu verändern, oder?“

„Meine Komfortzone in diesem, meinem Land hatte und hat natürlich seinen Preis. Bezahlt haben und bezahlen tun den die Menschen in anderen Ländern durch, in vielen Fällen durch uns oder mit unserer Hilfe geförderte, verdeckte, initiierte, Ausbeutung, Hunger und Krieg.
Ihr Tod, Leid und Elend ermöglichten unter anderem meinem Land und auch mir die Schaffung der Rahmenbedingungen für ein annähernd freiheitliches und friedliches Leben, in denen es möglich war mit Themen wie z.B. Gleichberechtigung, Inklusion, Rechtssicherheit, Aufbruch traditioneller Rollenbilder in Familie und Arbeitswelt, Bürgerinitiativen, Meinungsfreiheit, Erziehung, Selbstverwirklichung und vielen mehr real zu experimentieren und diese Schritt für Schritt neu zu gestalten.
Es war absehbar, dass dies in einer globalisierten Welt nicht immer so weiter gehen könne und ich, wir uns an der Bezahlung des Preises irgendwann würden beteiligen müssen. Diese Zeit kommt nun. Ich sehe dies jedoch als große Chance: Lassen wir die Menschen, die jetzt zu uns kommen, teilhaben an den Kenntnissen und Errungenschaften der letzten sechzig Jahre. Teilen wir mit ihnen unsere Lebensart, unsere gewonnenen und verfestigten Werte und unseren Wohlstand. Aus der sich daraus ergebenden Mélange werden wir letztendlich langfristig als Menschheit alle nur profitieren können. Davon bin ich zutiefst überzeugt.“

15.1.17

Engster Vertrauter des neuen Präsidenten, Newt Gingrich, sagte in einem Interview, dass Herr Trump sehr, sehr vorsichtig sei, was Atomwaffen angehe.

Assoziationsreflex bei mir ->

"Glaub mir mein Kind, es tut mir mehr weh als dir, wenn ich dich züchtigen muss." ... und mit Tränen in den Augen, einem prüfenden Blick in den Spiegel und betont zitternder Hand drückte er dann auf den Roten Knopf.
„Der Ruf nach mehr Sicherheit setzt ja ein subjektives Gefühl der Bedrohung voraus. Fühlen Sie sich bedroht, Frau Müller?“

„Ja. Ich fühle mich bedroht: Von der Gier der Konzerne, von Pharma- und Lebensmittelindustrie, von dem Überwachungswahn, von der Gewaltbereitschaft der Militärs, von all dem Hass in öffentlichen Diskursen, von den EwigGestrigen, von den Menschenfängern aus rechtnationalen Lagern, von all dem Krieg, der Not, dem Hunger und dem Elend auf der Welt, von der sozialen Kälte und der machtgeilheuchlerischlügenden Berechnung der selbstverliebt eitlen Pöstchenjäger in Politik und Wirtschaft.
Nicht bedroht fühle ich mich jedoch von den verzweifelnden Menschen, die sich gegen all dies, manchmal recht hilflos verworren und verquert sich verrennend, zu wehren versuchen und die sich in dieser Kälte immer wieder doch auf das Wesentliche besinnen: Miteinander, solidarisch, Hände reichend, helfend, stützend, sich gegenseitig wärmend und ermutigend.“

14.1.17

Vor einen Jahr stellte ich diese Frage:

"An die Besorgten, deren Sprachführer und an all diejenigen, die eine geschlossene Grenze fordern und auch an dich, der du da so freimütig hetzt und große Sprüche kotzt: Werdet doch mal konkret und erklärt mir, wie ihr dieses Geschlossensein denn real gewähren wollt? Wie soll das denn konkret aussehen, wenn da Menschen trotzdem davor stehen oder mittendrin? Denn sie werden da stehen und alles versuchen über diese geschlossene Grenze zu kommen. Denn es geht ihnen, egal ob du das als richtig oder falsch empfindest, es geht ihnen um das blanke Überleben. Also, ihr Schreier und Besserwissen: Was wollt ihr denn konkret tun?!"

Heute wissen wir die Antwort: Sie werden die Menschen einfach elendig verrecken lassen.

Was ich nicht verstehe, ist, dass die Leute nicht kapieren, dass die, die solche Entscheidungen fällen, tragen und ausführen, auch sie eines Tages als unnütz und wertlose Objekte genauso verrecken lassen würden.

Ja, „Objekte“ schrieb ich bewusst. Denn nur wenn man Menschen zu rechtlosen Objekten degradiert, kann man so mit ihnen umgehen. Deshalb juckt dann auch nicht mehr der Hinweis auf Menschenrechte. Sind ja keine menschlichen Subjekte mehr in deren Wahrnehmung, sondern nur noch Objekte mit adjektiven Zuschreibungen wie arm, gewalttätigt, gierig, terroristisch, faul, schmarotzend, ungebildet, unproduktiv, und, und, und...

Ist übrigens das gleiche Muster, das pathologische Sadisten/Psychopathen bei ihren Opfern anwenden. Das menschliche Gegenüber wird reduziert auf einen Träger von Eigenschaften, die entsprechend der eigenen verquerten Bedürfnisse auf ihn projiziert werden.

11.1.17

Mein ganz subjektives Sicherheitsgefühl erhöht sich u.a. durch folgende Umstände:

Ich fühle mich wohl
Ich bin willkommen
Meine Grenzen werden beachtet
Man versucht mich zu verstehen, auch wenn ich mich umständlich ausdrücke
Alle wirken entspannt, ohne fahrlässig zu sein
Es gibt viele Blickkontakte, verbunden mit freundlich beruhigender Mimik und Gesten
Die Anwesenden strahlen sowohl hohe Kompetenz als auch reflektiertes Selbstbewußtsein aus
Ich vertraue

Bisher will sich bei mir dieses Gefühl der Sicherheit beim Anblick von Gruppen schwer bewaffneter, meist männlicher Menschen in voller Kampfmontur einfach nicht einstellen. Ich fange eher an zu zittern, werde atemloser und triggere in gewalttätige Bilder aus ganz anderen Situationen. Irgendwas läuft da schief bei mir *grummel  
Da sich bei den Themen, mit denen ich mich nun seit mehr als 40 Jahren beschäftige (Leben mit Kindern, Gewalt gegen Kinder, Vorurteile und Stereotypen, Sozio- und Psychopathen, Klassengesellschaft, Rassismus und Sexismus, Diskriminierung, Bildungssysteme, Beziehungen, Sexualität) nun nicht wirklich Gravierendes bzw. sich nur in trippelnd kleinen Schritten, vor zurück, links rum, rechts rum, auch mal im Kreise zögerlich tänzelnd, real verändert hat, habe ich immer öfters das Gefühl, ich wiederhole mich ständig in Texten und Kommentaren. Das nervt mich selbst total. Auf der anderen Seite habe ich aber das Gefühl, ich dürfe nicht aufhören damit, die für mich grundlegenden Gedanken zu diesen Themen gerade in dieser Zeit immer wieder und wieder zu wiederholen. Ergebnis dieser Gefühlsschaukelei ist oft eine innere Lähmung und Widerständigkeit, manchmal auch Ermüdung. Mich kotzt dieser Zustand zunehmend an *grummel 

8.1.17

A: „Kannst du bitte nachher die Leiter nehmen und mir im Flur eine neue Glühbirne rein drehen. Ich bin ganz unsicher auf der hohen Leiter und C ist schwanger und wenn sie runter fällt, dann sind zwei in Gefahr.“

B: „Ja klar, ich bin ja auch nur einer. Ist ja nicht so schlimm, wenn ich mich verletze oder gar sterbe. Macht eh nix, bin ja nix wert.“ (*Fiktives Gespräch)

Ein wunderbares Beispiel dafür, wie unterschiedlich man auf Gesagtes reagieren kann. Jemand anders hätte zum Beispiel sagen/denken können:

„Das ist aber gut, dass du vorsichtig mit dir umgehst und einsiehst, dass bestimmte Dinge gerade nicht so gehen.“

„Wie lieb von dir, wie du dich um C kümmerst und auf sie aufpasst.“

„Toll, dass es dir so leicht fällt um Hilfe zu bitten!“

„Klar, mach ich.“ Ohne weitere Gedanken dazu.

Die Aussage von A bleibt ja immer gleich, nur das, was B jeweils daraus macht, das ist ganz unterschiedlich.

Banal? Ja vielleicht. Aber ein gutes Beispiel dafür, dass man wirklich vor Glück im Regen tanzen könnte, wenn Kommunikation ab und an doch reibungslos funktioniert.


Geht mir gerade noch so durch den Kopf dazu: Es gibt diesen immer wieder zitierten Spruch

„Ich bin nur verantwortlich für das, was ich sage (sende), aber nicht für das, was du verstehst (was bei dir ankommt)“, oder so ähnlich.

Hat mir schon immer ein Grummeln gemacht. Ich fühle mich nämlich schon auch zu einem Teil verantwortlich für das, was beim Gegenüber ankommen könnte. Ich wähle doch oft Tonfall, Gestik, Mimik, Buchstabenfolgen schon ganz bewusst aus und berücksichtige dabei, was meine Motivation ist (will ich verletzen, beruhigen, Verständnis zeigen, trösten, diskutieren, streiten, etc., etc.) und was ich alles über mein Gegenüber weiß (Geschichte, Empfindlichkeiten, Sprachvermögen, aktuelle Befindlichkeiten, konkreter Kontext, etc., etc.). Ja, das passiert manchmal ganz intuitiv und in Sekundenbruchteilen. Aber es passiert. Darum mag ich diesen Spruch halt nicht.

7.1.17

„Wahlen durch modernste Technik in anderen Ländern zu manipulieren, das geht ja wohl gar nicht!“

„Gewählte Regierungen in anderen Länder durch Waffenlieferungen an und die logistische oder materielle Unterstützung von genehmeren Putschisten zu stürzen, geht auch nicht.“

„Das können Sie aber so nicht vergleichen, Frau Müller!“

„Stimmt, bei dem einen verrecken Unschuldige sofort, bei dem anderen bluten sie später.“

4.1.17

Mal Klartext von meiner Seite: Natürlich ist Racial Profiling rassistisch. Wenn nicht das, was dann? Menschen auszusortieren aufgrund von Äußerlichkeiten und ihnen aufgrund dieser Äußerlichkeiten vermutetes kriminelles Handeln per se zu unterstellen ist was? Rassistisch. Punkt.

Und ein bestimmter Sprachgebrauch macht natürlich auf Dauer etwas mit den Menschen. Ein verkürzter noch dazu. Er bedient bestimmte Bilder in uns und dockt an Vorurteile und Stereotypen an und wird gefüllt mit all den individuellen Gedanken, Erfahrungen und etc. der Sender und Empfänger. Eine differenzierte Kommunikation ist dann kaum noch möglich. Und da gibt es dann auch kein richtig und kein falsch mehr, nur noch individueller Projektions- und Interpretationsmist. Das gilt für so eine Abkürzung wie "Nafri" ebenso wie für verallgemeinernde Begriffe wie "Scheißbulle" oder für die "Hartzler" oder sonst was.

Nur die aktuelle Aufregung in den sozialen Netzwerken darüber, die nervt mich. Denn auf der einen Seite puscht es die ganzen Hasskommentare hoch und auf der anderen Seite entsteht der Eindruck, als sei dies etwas völlig Neues, dass es jetzt zu bekämpfen gelte. Was jemanden wie mich, der seit Jahrzehnten über Rassismus arbeitet und sich den Mund fusselig redet über den durchgängig vorhanden Alltagsrassismus  jedweder Couleur ein bissl verdattert dastehen lässt. Ne, alles nix Neues. Kommt mal alle ein wenig runter und versucht es mal mit Kommunikation, die auf Verständigung abzielt und nicht auf Rechthabenwollen.

Und ja, ich bin jetzt schlichtweg anmaßend: Ein kritischer Blick in den Spiegel und eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Rassismus, auch in Bezug auf Sprache, käme ab und an für jeden nicht schlecht. Da ich genug Spiegel im Haus habe, gehe ich jetzt mal gucken.

*Anmerkung
In Bezug auf den öffentlichen Diskurs hätte ich es als angenehm empfunden, wenn die Polizei schlichtweg gesagt hätte: "Ja, das war Racial Profiling. Ja, das ist rassistisch. Ja, das kotzt uns auch an. Hat jemand Ideen, wie man in so einer Situation, wie am 31.12., mit der ganzen Vorgeschichte, anders damit hätte umgehen sollen, dann her damit!" Das hätte ich Klasse gefunden und der gesamte Diskurs wäre vielleicht ein anderer gewesen.